KEPENEK

 
 

 

DIE RÄUME DER MIA KEPENEK

Mia Kepenek wuchs in Stuttgart zwischen den opulenten Bühnenbildern des Staatstheaters auf. Nach einer Ausbildung zur Schreinerin und dem Studium zur Architektin, Innenarchitektin und Szenografin arbeitete sie zunächst selbst für die Bühne, bis sie sich ganz ihrer Leidenschaft für Interior Design widmete. Als Innenarchitektin macht sich Kepenek seit 2012 mit ihrem Studio für Corporate Architecture, Innenarchitektur und Design mit Sitz in Zürich einen Namen. Ihre gestalterische Handschrift findet man etwa im VIU Flagshipstore in Zürich, in der Sky Lounge im Schindler-Besucherzentrum sowie in einfühlsamen Umbauten für Privatpersonen.

kepenek.ch

Mit dem «Record Room» setzt Mia Kepenek 20 000 Schallplatten einer privaten Sammlung in Szene. Der helle Raum bringt die bunten Cover perfekt zur Geltung.

Wie muss ein Raum wirken, damit Sie sich darin wohlfühlen?

Ich persönlich liebe ein Interior Design, das harmonisch und stimmig ist – und ich habe nicht das geringste Problem damit, auch heute noch einen Begriff wie Schönheit zu verwenden. Er umschreibt für mich etwas Besonderes an Räumen,das schwer zu fassen, aber spürbar ist:

Wenn ich von all den Dingen, Farben und Materialien, die einen Raum ausmachen, willkommen geheissen und angenommen werde. Wenn alles zusammenspielt, in einen leisen, subtilen Dialog tritt, Gastfreundschaft und Nähe ausstrahlt – dann fühle ich mich wohl in einem Raum. Und genau diese Atmosphäre möchte ich jeweils erschaffen.

Wann haben Sie gemerkt, dass Sie ein Talent dafür haben, innenarchitektonische Stimmungen zu schaffen?

Ich kam schon früh mit einem sehr besonderen Ort in Berührung: dem Staatstheater Stuttgart mit seiner Oper. Denn dort arbeiteten meine Eltern. Mein Vater entwarf Bühnenbilder, meine Mutter Kostümbilder. Ich bin sozusagen im Theater aufgewachsen. Und als Kind einen solch opulenten, grosszügigen Raum mit allen Sinnen zu erfahren und hinter die Kulissen schauen zu können, in die Werkstätten – das hat mich sehr geprägt. Ich lernte so schon früh die verschiedenen Gewerke an einem solchen Haus kennen, freundete mich mit Handwerkern an, beobachtete sie bei der Arbeit und gab ihnen sogar Aufträge! Das alles hat mich geprägt. Ich trage diese Erinnerungen und Erfahrungen mit mir – und sie haben in mir den Wunschreifen lassen, selbst Räume neu zu denken. Sie zu verwandeln.

 
 

In der Walzmühle wurden einst die berühmten
Sigg-Flaschen hergestellt.

Die bestehende Shedhalle wurde in acht grosszügige Loftwohnungenumgestaltet.

 

Wie verbinden Sie Wohntrends und Raumcharakter?

Natürlich verfolge ich Wohntrends seit Jahren, besuche die internationalen Messen, tausche mich mit Kolleginnen und Kollegen aus, lese Zeitschriften und Blogs. Und dennoch ist es mir wichtig, auch zurückzutreten und eine gewisse Distanz zu manchen Trends zu wahren. Denn Räume mit Charakter zu kreieren, das bedeutet auch, etwas zu schaffen, das nicht schrill ist und lange Bestand hat. Als Designerin ist es mir wichtig, Funktionen und Emotionen auf einfühlsame Weise miteinander zu vereinen. Klarheit und Poesie müssen sich nicht ausschliessen. Im Gegenteil: Ich möchte die Dinge in einem Raum zum Sprechen bringen, sie sollen Geschichten erzählen. Wie zum Beispiel der Bartresen, den ich aus einem Millionen Jahre alten Findling geschaffen habe. Er holt die Schweizer Alpen in den Raum hinein und wird zum Symbol der «Swissness» meines Auftraggebers. Ein Felsen als Blickfang – und gleichzeitig ein Tresen, den niemand vergisst, der ihn einmal gesehen hat.

Sie bringen viel internationale Erfahrung in Ihre Projekte ein. Welche Länder und Städte haben Sie geprägt?

Das stimmt. Jedes der Länder, in denen ich bisher tätig war, hat mich kulturell geprägt. Angefangen mit Australien, wo ich zwei Jahre gelebt habe, unter anderem in Melbourne und Sydney. Aber auch meine Entscheidung, in Amsterdam zu arbeiten, hat mich persönlich weitergebracht. Dort zählen Innovationen und Ideen viel – man geht spielerisch und

unvoreingenommen an Projekte heran. Und nun bin ich schon lange Jahre als Designerin in der Schweiz tätig, wo Qualität und Präzision wichtig sind. Das alles hat mich als Gestalterin komplettiert und mein Spektrum erweitert.

Sie gestalten von privaten Räumen bis zu grossen Lounge- und Restaurant-Bereichen in Unternehmen für sehr unterschiedliche Anforderungen: Wie erkennen Sie, welche Stimmung zu Ihrem Kunden passt?

Um die passende ästhetische Sprache zu finden, ist der enge, vertrauensvolle Dialog entscheidend. Man muss die Geschichte und die Werte eines Unternehmens verstehen und gestalterisch übersetzen, damit man als Designerin ein glaubwürdiges Ergebnis erzielen kann. Das alles geht nur durch Zuhören, Hineindenken und ein gegenseitiges Verstehen. Und genau das ist mir auch in der Zusammenarbeit mit meinen privaten Kundinnen und Kunden ein Anliegen.


Der Bartresen aus einem sieben Tonnen schweren Findling steht für die «Swissness» von Schindler.

Für das neue Schindler-Besucherzentrum hat Mia Kepenek die exklusive Sky Lounge entworfen.

 
 

Wie wichtig ist Ihnen die Arbeit im Team?

Zum Glück kann ich mich auf mein sehr erfahrenes Team hundertprozentig verlassen. Ich kenne die Stärken meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genau und versuche, jede und jeden bestmöglich einzusetzen, sodass sie ihre Kreativität voll entfalten können. Natürlich bringe ich mich in jedes Projekt auch selbst voll ein und bin immer informiert über den Stand der Dinge. Es ist für uns zum Beispiel selbstverständlich, Kosten und Deadlines einzuhalten, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Aber über allem steht für uns die Entwicklung wirklich innovativer, massgeschneiderter Ideen.

Und was wiederum verleiht einem Raum die persönliche Note?

Da gibt es kein Patentrezept – und daher habe ich mich auch bewusst gegen einen wiedererkennbaren Stil entschieden. Denn jeder Raum ist anders und meine Auftraggeber schätzen an mir, dass ich für sie auf ganz individuelle und teils überraschende Lösungen komme. Mit dieser Haltung finden wir zu immer neuen, frischen Konzepten mit ganz persönlicher, eigener Prägung.

 

ANNA RAYMANN ist ausgebildete Designerin und arbeitet als Design- und Kulturjournalistin für «CH Media», «Hochparterre» und weitere Medien.